Dank Corona hat mebimabo jetzt ein professionelles Studio für Videokonferenz und Fernunterricht.
Wegen den Schutzmassnahmen gegen das neue Virus dachte ich im März, ich würde in den Sleep Modus wechseln und abwarten bis Veranstaltungen an Schulen und Weiterbildungsstätten wieder möglich sind. Es kam anders…
Einerseits gab es durchaus Arbeit: Für die Fachstelle für Vereine «Vitamin B» konnte ich ein Online-Seminar «Social Media für den Verein» und einen Fernkurs «Vorstandssitzungen via Videokonferenz» entwickeln. Ebenso erfreulich war der spontane Auftrag von Public Eye für eine Live-Lecture zum Thema «Freiwilligen-Koordination via Video-Chat».
Andererseits hat es sich in dieser Zeit gut ergeben, mein Home Office stark aufzupeppen. Die Legitimation, ein paar Gadgets zu kaufen, war ein schönes Geschenk des Corona-Lockdown.
Das grosse Tech-Upgrade
In diesem Beitrag geht es um die Infrastruktur, die ich für notwendig halte, um professionellen Fernunterricht zu leisten. Dabei geht es um Geräte und Gegenstände, die ich schon seit einer Weile habe und um solche, die ich für diese neuen Online-Kurse extra angeschafft habe.
Noch nie habe ich innerhalb von sechs Wochen so viele neue Gegenstände bei Digitec eingekauft. Schritt eins: Gute Beleuchtung! Das erste Produkt für das grosse Upgrade von meinem Home Office ist eine LED-Lampe, die ich via Menu von meinem Mac steuern kann. Angefangen hat diese Einkaufstour dank diesem Facebook-Post von Andreas von Gunten: «Was den Game-Streamern lieb ist, kann den Zoomern nur recht sein.» Aber der Reihe nach… Jetzt kommt ein Listicle.
Welche Dinge brauchst du, um entspannt und ohne übermässigen mentalen Energieverlust Fernunterricht und Videokonferenzen moderieren und leiten zu können?
Natürlich spielen die User-Geschicklichkeit und die persönlichen Medienkompetenzen eine grosse Rolle. Ein vollständiger und super sinnvoller Technikpark hilft auch gewieften Superusern. Vor allem macht es viel mehr Spass, wenn die Technik flutscht.
- Du brauchst einen guten Computer
- Zwei Bildschirme, mindestens!
- Plus einen kleinen Bildschirm
- Yogamatte und stille Maus
- Ein Oddbjörg schadet nie
- Ein Liter stilles Wasser
- Spezifische Handyhülle
- Eine zweite Webcam
- Maskottchen dabei?
- Stehpult ist wichtig
- Gute Beleuchtung
- Schöner Ton
1. Du brauchst einen guten Computer
Ein kräftiger und betriebs-systemisch «sauberer» Computer kommt weniger schnell ins Schnaufen. Jitsi, Zoom und Co. saufen viel Leistung. Mein 15-Inch MacBook Pro aus dem Jahr 2016 wird bei Videokonferenzen häufig lauter als sonst, weil die Ventilation auf Hochtouren dreht. Das wäre wohl noch ausgeprägter, wenn ich viel Clutter im OS auf der Maschine drauf hätte.
Beim Catalina-Update an Weihnachten 2019 habe ich entschieden, meinen Mac komplett neu aufzusetzen. Dieser Entscheid war ein Glücksfall. Seit Apple die schöne Backup-Lösung «Time Machine» im 2007 lanciert hat, habe ich auf den drei Macs, die ich seither besessen habe, die Migration immer damit gemacht. Da zieht man immer viel Zeugs mit, das man gar nicht mehr braucht… Dank der Installation «from scratch» von Catalina auf das doch schon vierjährige MB Pro lief dieses anschliessend deutlich flüssiger.
2. Zwei Bildschirme, mindestens!
Du möchtest Keynotes, PPT- oder Libre-Office-Präsi in der Videokonferenz abspielen? Dann kommst du meiner Meinung nach nicht um mindestens zwei Bildschirme herum, damit du die Referent*innen-Ansicht nutzen kannst. Ich habe drei Bildschirme: Rechts die Präsi, in der Mitte das Fenster der Teilnehmenden und Links hänge ich mein 12.9-Inch iPad Pro als Bildschirm via die Erweiterung Sidecar an mein Desktop-System dran. Auf diesem Screen links lasse ich ein Browserfenster laufen, das ich bei Live-Präsentationen von Dingen im Browser mit den Teilnehmenden teile.
3. Plus einen eher kleinen Bildschirm
Dadurch, dass ich Browser-Live-Präsis auf dem kleineren iPad-Screen teile, kann ich davon ausgehen, dass die Teilnehmenden lesen können, was ich zeige. Du solltest davon ausgehen, dass deine Online-Seminar-Teilnehmenden mit unterschiedlich grossen Bildschirmen unterwegs sind. Wenn du ihnen deinen phetten ultrawide 4k Screen teilst, während sie ein kleines SubNotebook haben, dann ist dort drauf kaum etwas lesbar, weil der gesamte Inhalt von deinem riesigen Monitor runter skaliert wird auf den 10-Incher oder so. Natürlich kannst du auch auf einem grossen Bildschirm jeweils nur kleine App-Fenster teilen, aber ich teile lieber einen ganzen Screen, damit ich dann dort zwischen Apps wechseln kann, ohne dass ich dann das Sharing in der Videokonf-Plattform von einem App-Fenster zum anderen wechseln muss.
4. Yogamatte und stille Maus
Plötzlich knallts und dann bemerkst du, dass jemand in der Videokonf soeben ein Glas auf dem Tisch abgestellt hat… Um deinen Online-Seminar-Teilnehmenden so etwas zu ersparen, lege eine Yogamatte auf deine Tischplatte. Die dämpft alles und das ist gut. So eine schalldämpfende Fläche wirkt sich auch sonst positiv auf deine Stimmqualität aus.
Wichtiger als die Yogamatte ist die Akustik des Raums, in dem man steht oder sitzt. Ein kleiner Raum ist häufig besser, weil das Echo früher kommt, also weniger stört. Falls irgendwie möglich das Studio in einem echo-armen Raum einrichten oder den Raum entsprechend ausstatten mit Kissen und Stoff, um direkte Reflexionen zu verhindern.
Um Probleme mit der rechten Schulter zu lösen, habe ich seit einiger Zeit links eine Maus. Ein Freund, der ab März plötzlich im Home-Office arbeiten durfte, brauchte eine Maus. Er brauchte sie schnell. Ich habe ihm meine geschenkt und eine neue bestellt. Dabei habe ich darauf geachtet, dass es eine sogenannte «silent Mouse» ist. Die Klicks von dieser Maus hört niemand im virtuellen Schulzimmer.
Check deine Tastatur? Ist sie laut, hast du zwei Möglichkeiten: Entweder du schaltest dein Mic immer aus, wenn du etwas tippen möchtest, was ich mir niemals antun würde, oder du besorgst dir eine leisere Tastatur. Ich habe das Glück, dass die Apple-Tastatur, die ich seit etlichen Jahren nutze, schon ziemlich leise ist.
5. Einen Oddbjörg
Vielleicht möchtest du dein Fernunterricht-Studio an einem anderen Ort einsetzen. Das geht mit Laptop und externem kleinen Screen. Das Licht, die zusätzliche Kamera, das Mikrofon – mehr dazu später – das ist alles auch mobil… Der grosse Bildschirm steht auf der Yogamatte, der Screen und damit auch die Yogamatte sind immobil. Aber dieses Oddbjörg-Sitzkissen von Ikea ist mobil. Das ist sowohl eine super Mausmatte als auch eine gute, weil stille Ablagefläche für ein grosses Glas stilles Wasser.
6. Ein grosses Glas stilles Wasser
Ich habe das Gefühl, ich würde bei Videokonferenzen schneller dehydrieren als bei Kursen im Real Life. Klar: Man sollte während solchen Online-Seminaren alle dreissig Minuten eine kurze bewegte Pause machen. Dann kann man in die Küche sprinten und Nachschub besorgen. Ich habe lieber den grossen Pokal neben mir stehen. Da hat fast ein Liter drin platz. Das reicht für neunzig Minuten. Es gilt das Gleiche wie bei IRL-Referaten: Kein kohlesäurehaltiges Getränk, denn das kann aufstossen…
7. Handyhülle mit integriertem Ständer
Als Fallback-Kanal, falls etwas in der Videokonf-Software nicht klappt, erstelle ich zwei, drei Tage vor dem Kurs jeweils einen Gruppenchat in einem Messenger. Das Handy steht während der Videokonf lautlos auf meinem Tisch und der Handy-Screen sollte gut sichtbar sein, damit ich es auch bemerke und schnell lesen kann, wenn dort etwas rein kommt. Deshalb möchte ich das Handy angewinkelt vor mir und nicht flach auf dem Tisch. Daher finde ich den in der Hülle integrierten Ständer praktisch. Das Gerät darf natürlich weder vibrieren noch blitzen… Wenn ich etwas im Messenger beantworten muss, nutze ich die dazugehörige Desktop-App, weil ich damit immer noch deutlich schneller tippen kann als mit der Handy-Tastatur.
8. Eine zweite Webcam
Es ist langweilig, dich immer von vorne zu sehen. Schenk den Teilnehmenden etwas Abwechslung, indem du zwei Perspektiven ermöglichst. Dafür brauchst du zwei Webcams. Mein Laptop hat eine, also musste ich nur noch eine weitere kaufen. Nun habe ich zwei Perspektiven und zwei Stimmungen: Die von vorne ist die «strenge Perspektive». Da sieht man nichts dahinter ausser den Greenscreen oder den weissen Hintergrundvorhang. Bei der Perspektive von der Seite sieht man nur noch ein Auge von mir, dafür aber meine grosse Nase und die zwei Augen von meinem Maskottchen.
Am besten ist die Kamera auf Augenhöhe. Wer sich von oben filmt, wirkt beim Gegenüber kleiner und «harmloser». Wer sich von unten filmt, strahlt mehr Macht aus, weil grösser… Die anderen Teilnehmenden sind möglicherweise irritiert, wenn sie von unten deine Nasenhaare sehen können 😉
Anstatt eine zweite Webcam zu kaufen, kann man auch allenfalls eine sonstige Kamera, die man eh schon im Haushalt hat, als zweite Webcam einsetzen. Viele Foto- und Videokameras bieten diese Möglichkeit. Wer es richtig nerdig haben will, kann eine DSLR-Kamera zur Webcam «umbauen»…
9. Das Maskottchen
Menschen haben eine Gesichtserkennung einprogrammiert. Beim Anblick von süssen Gesichtern oder Augen fühlen sie sich gleich besser. Jeder Sportverein hat ein Maskottchen. Hast du auch eines? Meines ist ein Geist von Pacman. Damit kann ich jeweils testen, wie gut sich die jugendlichen Schülerinnen und Schüler in Vintage Computer Game Culture auskennen…
10. Stehpult! Wichtig, wichtig!
An etlichen Orten, zum Beispiel hier, habe ich gelesen, dass Videokonferenzen stark ermüden würden. Ich bin der Meinung, das ist eine Frage der Übung und eine Frage der Haltung im doppelten Sinne: Es geht um die Haltung, sich nicht aus der Ruhe zu bringen, wenn etwas mal nicht klappt, oder wenn man die Orientierung verloren hat. Solche Dinge passieren. Es geht aber auch um die Körperhaltung. Ich habe bemerkt, dass ich mich viel länger fit fühle, wenn ich bei einem Online-Seminar stehe!
Falls ich jemals in einem Hotel einen Fernkurs leiten werde, werde ich beim Empfang ein Cocktail-Tischchen auf das Zimmer bestellen, eine Literflasche stilles Wasser und das Ikea Sitzkissen «Öddbjörg» bereit machen…
Falls du in deinem Zuhause das Videokonfstudio aus irgendwelchen Gründen nicht in den bestehenden Arbeitsplatz integrieren kannst, ist der Kauf von einem billigen Cocktail-Tischchen eine Variante, um irgendwo vor einem Fenster deine Videokonf-Location einzurichten. Je nach Akustik von diesem Ort, ergibt sich daraus insgesamt eine kostengünstige Variante, wenn du sowohl auf die Speziallampe als auch auf einige weitere hier beschriebenen Tools verzichten möchtest…
11. Gute Lichtverhältnisse
Manchmal habe ich das Gefühl, gewisse Leute würden extra unter-, schräg- oder sonstwie schlecht beleuchtet in eine Videokonferenz gehen. Das verstehe ich nicht. Jede Person kommt in guten Lichtverhältnissen besser rüber.
Das Elgato Key Light Air macht mir Freude. Es macht irgendwie Spass, direkt am Computer die Helligkeit und die Lichtwärme einstellen zu können… Falls man keine extra Lampe kaufen mag, darauf achten, dass kein Licht von hinten oder von der Seite kommt. Je nachdem, was es für eine Lichtquelle ist, sollte sie auch nicht direkt von vorne kommen.
Bevor du in die Videokonferenz eintrittst, schau dein Bild genau an und optimiere es, bis dein Gesicht gut und gleichmässig ausgeleuchtet ist. Du hast vielleicht eine dunkle und eine helle Seite in deinem Charakter, aber in einer Videokonferenz sollten beide Gesichtshälften gleich hell sein…
12. Schöner Ton
Ein Over-Ear-Kopfhörer und ein grosses Mikrofon sind wie Anzug und Krawatte. Es gibt auch in virtuellen Echtzeiträumen nonverbale Kommunikationsmittel, die sich auf den Status auswirken, den du ausstrahlst. Nicht nur die Qualität des Tones ergibt mehr Respekt, sondern auch die für die anderen sichtbare Technik.
Die in Laptops eingebauten Mikrofone sind nicht gut. Das in Webcams eingebaute Mikrofon ist meistens schon besser. Noch besser ist jedoch so etwas wie dieses Røde NT USB. Ich habe alle drei Miks in Jitsi, Zoom, Facetime und Teams mit Blindtests ausprobiert, und die Aussagen der Gegenüber waren klar: Das Røde tönt am besten… Falls die Raumakustik nicht optimal sein sollte, ist ein Kopfhörer übrigens zwingend!
13. Vielleicht ein Greenscreen
Egal ob du den Greenscreen dafür benutzt, wofür er da ist, oder einfach, weil du zwei Drittel von deinem Hintergrund in schönem Grün darstellen möchtest: Ein Greenscreen, der einfach hochgezogen und ganz einfach wieder versorgt werden kann, schadet nicht. Ich bin jedoch der Meinung, dieses Teil sei im Vergleich zu allen übrigen Dingen von 1 bis 12 für den digitalen Fernunterricht viel weniger wichtig…
14. Vielleicht ein höhenverstellbarer Hocker
Falls du doch ab und zu sitzen möchtest, ist ein Drehhocker sinnvoll. Damit ist man freier als in einem Bürostuhl. Je nach Greenscreen und Kamera hast du sowieso keinen Platz zwischen Tisch und Greenscreen. Auch deswegen ist Stehen auch wieder besser. Ich würde anstelle eine Drehhockkers empfehlen, eine Kybun-Matte zu besorgen, um Abwechslung in den Stehschulungsalltag zu bringen. Wie lange wir uns noch mit einer besonderen Situation herumschlagen müssen, das prognostizieren nur Glaskugellesende. Ich stelle mich auf viele Varianten ein.